Der erste Start nach der Revision

Allgemeine Fragen zur XT, die nicht in die unten stehenden Kategorien passen
bursch
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Der erste Start nach der Revision

Beitrag von bursch »

Hallo zusammen,
mein Motorrevisionsprojekt neigt sich langsam dem Ende entgegegen und nun kommt die Frage auf:
Wie begrüße ich meine Aufgefrischte möglichst sanft in ihr neues Leben?

Die Frage fängt schon beim ersten Befüllen mit Öl (wie stelle ich sicher, dass alle wichtigen Stellen sofort mit genügend Öl versorgt werden?) an und hört bei der ersten Fahrt auf (nach dem Starten erstmal eine Weile im Leerlauf warm laufen lassen?, gleich vorsichtig losfahren?, wie lange laufen lassen?).

Habe natürlich beim Zusammenbauen überall wo sinnvoll schön gefettet und geölt, was das Zeug hält..

Hoffe ihr habt hier Anregungen und Tipps.

Grüße

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christian78
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von christian78 »

Nicht starten!

Vorsicht, die Ölpumpe läuft trocken!
Bevor die Pumpe die Luft aus dem Zulauf hat, klappert der Motor! Es kommt nichts aus der Entlüfterbohrung - kein Öldruck!
Das passiert vielen, gibt auch viel Threads mit dem Problem.

Wärme das Öl vor, fülle den Tank und löse unten den Zulauf kurz, bis Öl kommt.

Dann kannst du dem Motor ohne Kerze per Anlasser so lange durchdrehen, bis Öl aus der Entlüfterbohrung kommt.
Dann ists safe.
Wenn du keinen Anlasser hast, kannste entweder nen nachmittag lang kicken, oder du gehst mit nem kräftigen Accuschrauber durch den Stopfen auf die Polradmutter. Der Motor läuft auf der Seite gegen den Uhrzeigersinn.

Ich würde dir empfehlen, dabei das orangene Kabel an der zündspule abzuziehen. Theoretisch kanns ohne Kerze passieren, dass in der Spule der Funke überspringt und den Lackdraht beschädigt - die Spule hat dann nicht mehr volle Leistung.
Kabel abziehen kostet ja nix.


Keine Panik:
Ich hatte das selber mal en ner 3tb, Motor war längere Zeit ausgebaut. Das hat wirklich ewig gedauert, bis Öl kam.
Hab das Öl vorher auf ca 80 Grad erwärmt und den Zulaufschlauch auch befüllt.
Batterie leer, große 90AH Batterie genommen und überbrückt, hatte schon aufgegeben - und dann kam plötzlich tatsächlich Öl und alles war wie immer.
Wenn ich die einfach gestartet hätte, hätte ich den Motor kaputt gemacht.


Ich würde in dem Fall nicht mit der Spritze Öl in die Entlüfterbohrung drücken - zwar werden die Schmierstellen dann versorgt und die Taschen der NW gefüllt - aber die Pumpe ist trotzdem leer - du hast an der Entlüfterschraube dann keine sichere Kontrollmöglichkeit mehr. Kommt Öl, oder ist das noch von der Spritze?

Ich mach Entlüfterschraube beim normalen Ölwechsel gar nicht mehr auf, wozu auch.
Aber nach dem Motoreinbau, bzw wenn der Ölschlauch ab war, ist die Kontrolle unverzichtbar!
Ich wohn zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von hier aus hervorragend sehen!

Hiha
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von Hiha »

Das mit dem Ölzulauf ist das Wichtigste: Moped stark nach rechts neigen, Ölzulauf am Motor öffnen und warten bis frisches Öl kommt, Ölzulauf im Motor mit Öl füllen bis keine Blasen mehr aufblubbern, dann Zulauf draufschrauben. Dass man ein Vierterl Öl in den Kopf einfüllt ist sicherlich klar.
Dann weicht meine Ansicht vom Christian seiner ab:
Ankicken und sofort auf 2500-3000/min bringen. Das ist deutlich schonender als die stundenlange Kickerei.
Die Entlüfterschraube lasse ich ein paar Gewindegänge locker eingeschraubt, man sieht gleich wenn Öl kommt, und hat keine Sauerei. Das Öl ist quasi sofort am Eintlüfter, das darf keine 10s dauern. Wenn nicht, ist was falsch.
Gruß
Hans

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motorang
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von motorang »

Servus,
zusätzlich zu den Tipps von Christian eine Erklärung was schiefgehen kann.

(verdammt, Hans war schneller. Ich schick den Beitrag trotzdem ab ...)

Gehen wir vom worst case aus.

Motorrad steht am Seitenständer, Öl wurde in den Öltank gefüllt.
Das Öl läuft vom Öltank zum Motor, wo es dann bergauf zur Ölpumpe laufen müsste. Druck wäre genug da, aber das Luftpolster in der Ölleitung vor der (rechts sitzenden) Ölpumpe geht nicht weg. Nach oben kann es nicht, und bergab gegen das Öl auch nicht.

Dann wird gestartet, die Ölpumpe "fördert" im günstigsten Fall Luft, aber am anderen Ende kann die Luft nicht das Rücklaufventil vor dem Ölfilter aufdrücken, sondern wird in der Leitung vor dem Ventil nur komprimiert und wieder entspannt. Damit kann auch kein Öl nachlaufen zur Pumpe. So kann man minutenlang starten, ohne dass Öl gefördert wird.

Daran ändert auch das kurze Abnehmen der Ölleitung nichts, WENN DAS MOTORRAD AUF DEM SEITENSTÄNDER STEHT.

Was wirklich wirklich wichtig ist: Motorrad MINDESTENS gerade hinstellen oder besser NACH RECHTS geneigt, zum Bremshebel hin. Kann man ja an eine Wand lehnen. Dann liegt die (im Motor horizontale) Ölleitung zur Ölpumpe so, dass die Luftblase nach oben wegkann.
  • Warmes Öl beschleunigt die Sache, weil dünnflüssiger.
  • Ölleitung abnehmen macht Sauerei, aber auch dort kann die Luft früher raus - sie schafft es aber auch durch die Leitung nach oben in den Öltank, ohne dass man die Leitung abnimmt.
  • Wenn man die Ölleitung abnimmt, dann idealerweise vorher: Mopped nach rechts neigen, in die dann "oben" liegende Ölbohrung Öl mit einer Spritze einfüllen bis voll, DANN Ölleitung draufschrauben, dann Öltank füllen. So ist keine Luft in der Leitung vor der Ölpumpe.
    Hiha macht das ohne Spritze, füllt das Öl direkt aus der abgenommenen Ölleitung in die Ölbohrung im Motor und schraub DANN die (ölgefüllte) leitung dran.
Ist das Öl jetzt schon drin, dann einfach das Motorrad nach rechts an eine Wand lehnen und über Nacht stehen lassen. Reichlich Zeit, dass die Luftblase durchs öl nach oben steigt und der Ölkanal sich mit Öl füllen kann.

Beim Starten ist am Anfang trotzdem kaum Öl in der Pumpe und die Leitung zum Rückschlagventil leer - aber das nachgeförderte Öl komprimiert die Luft bis das Ventil aufmacht. Dann wird innerhalb weniger Sekunden (5?) das Ölfiltergehäuse mit Öl gefüllt und es sollte oben an der (nur 2 Umdrehungen gelockerten!) Kontrollschraube Öl raussabbern.

Wenn da nichts kommt nach 10-15 Sekunden, dann 1-2 x kurz Gas geben uf so 3-4000 rpm. Damit sollte das Ventil jedenfalls aufgedrückt werden falls es ein wenig hängt/klebt).

Wenn nach 30 Sekunden immer noch kein Öl kommt, dann kannst Du den Motor abstellen und Fehler suchen gehen. Dann sollte noch nichts kaputt sein.

Falls Öl kommt, dann wird es auch zum Zylinderkopf und zur Kurbelwelle gefördert.
Schraube eindrehen, nicht zu fest anziehen (ist nur ein M5-Gewinde). Mit ein paar Gasstößen so 1 Minute laufen lassen, das kann jetzt auch am Seitenständer geschehen weil der Ölkreislauf ja funktioniert. Ölflasche und Lappen einpacken, Helm aufsetzen, und eine kleine Runde fahren. So 10 Minuten.

Dann suchst Du Dir eine schöne Wand. Stellst den Motor ab und lehnst die XT dagegen und misst den Ölstand.

Wenn Du vorher nichts separat in den Motorblock gefüllt hast, dann ist der Pegel eher am unteren Ende des Messstabes oder der Messstab bleibt trocken. Auffüllen bis Maximum, fertig.
Falls doch, oder falls Du das nachholen möchtest: Du kannst einen Ventileinstelldeckel abnehmen und dort langsam Öl einfüllen, insgesamt sollte es halt mit dem Öl im Öltank nicht mehr sein als die angegebene maximale Füllmenge in den Wartungsdaten.

Solltest Du den Motor im Standgas laufen lassen, dann mach das (vor dem Ölstand messen) NICHT auf dem Seitenständer. Die Ölpumpe saugt auf der rechten Motorseite an. Am Seitenständer stehend kann sie daher viel weniger Öl aus dem Motor in den Tank fördern als vorgesehen, weil das in der Lichtmaschine rumschwappt. Du hast so in kurzer Zeit einen halben Liter mehr Öl im Motor als vorgesehen, und der fehlt Dir oben im Öltank. Wenn Du DANN misst, wirst Du zu viel Öl nachkippen, was nicht gut ist.

Uff

Kein Hexenwerk wenn man weiß warum.

Am Anfang öfter mal Ölstand kontrollieren nach der Fahrt, und IMMER vor dem Tanken.

Gryße!
Andreas, der motorang

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christian78
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von christian78 »

Ich würde mich das nicht trauen, den einfach zu starten und dann auf Drehzahl bringen.
Es kann sein, dass nach 10 Sekunden Öl kommt. Es kann aber auch sein, dass keins kommt.
Dann lief der die 10 Sekunden aber schon ohne Öldruck.
Und dann?
Das Öl von der Montage wird längst vom Zylinder abgelaufen sein.
Man könnte ein paar Tropfen durchs zündkerzenloch einfüllen.

Per Anlasser und Accuschrauber ohne Kompression brennt nichts an, weil auf den Teilen keine Belastung ist.
Das wäre meiner Meinung nach die schonendste Methode.
Per Kicker kannste vergessen, weil das keine fortlaufende Bewegung ist - da kickste drei Jahre, bis Öl kommt.
Eher noch schieben.
Man könnte auch den Kupplungskorb abbauen und die Ölpumpe drehen :mrgreen:
Ich wohn zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von hier aus hervorragend sehen!

bursch
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von bursch »

Danke euch, da gibt es ja doch einiges zu beachten. Hoffentlich finde ich bald die Zeit den Motor komplett einbaufertig zu machen und werde dann berichten, ob das ganze funktioniert hat.
Grüße

Hiha
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von Hiha »

christian78 hat geschrieben:
Fr 28. Mai 2021, 21:06
Ich würde mich das nicht trauen, den einfach zu starten und dann auf Drehzahl bringen.
Es kann sein, dass nach 10 Sekunden Öl kommt. Es kann aber auch sein, dass keins kommt.
Dann lief der die 10 Sekunden aber schon ohne Öldruck.
...
Per Anlasser und Accuschrauber ohne Kompression brennt nichts an, weil auf den Teilen keine Belastung ist.
Die Belastung auf Nocken und Kipphebelgleitflächen ist bei 2500-3000min am geringsten, und bei null drehzahl sehr ungünstig. Geölt ist eh alles, Öldruck gibts nicht.
Wenn, dann wirklich direkt mit dem akkuschrauber an der Ölpumpe.
Gruß
Hans

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christian78
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von christian78 »

Der Nocken wäre mir das kleinste Problem.
Eher die Nockenwellenlagerung im Kopf. Und natürlich der Kolben.
Die NW Taschen kannste auffüllen, aber die Lagerung nicht.

Der Kolben findet das nicht witzig, 2500 Umdrehungen aus dem Kaltstart ohne Öl zu machen.
Besonders bei neuem Kolben haste sofort nen Reiber und die Grundlage zum Fresser erschaffen.
Das Kolben will vor allem von unten geschmiert werden, der Bereich unter den Ringen.

Stelle dir den Motor mal vor mit 2500 Umdrehungen und dann zähle bis 10 - das ist lang!
Wenn der nach den 10 Sekunden kein Öl hat und man weiterhin wartet - ab wann geht der kaputt? 11 Sekunden, 12, 13?
Bei 13 noch nicht und bei 14 ein Totalschaden? Nein. Das fängt bei 0 Sekunden ohne Öl an und je länger, desto schlimmer.
Wenn der Motor läuft, ist Last auf dem Kolben.
Das Öl vom Zusammenbau ist längst vom Zylinder abgelaufen.
Deshalb sind ja Kaltstarts schädlich - bloß beim Kaltstart kommt sofort Öl.
Ich wohn zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von hier aus hervorragend sehen!

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XTsucher
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von XTsucher »

Glaubt ihr, dass damals mit den Moppeds, nach Werksmontage, so ein Gehassel gemacht wurde? Ich glaube nicht...
Grüße, Frederik - der 1VJ fährt.
Original ist schön und gut - ich fahre lieber
50.523 km
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christian78
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Re: Der erste Start nach der Revision

Beitrag von christian78 »

Die werden sicher die Pumpen vor der Montage befüllt haben.

Das soll jeder so machen, wie er meint.
Wir hatten doch auch mal ne Fall, wo bei ner 3TB kein Öl kam und der Grund war ein verstopftes Sieb im Rahmen.
Ich wohn zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von hier aus hervorragend sehen!

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