Lager wechseln: einkleben?

Getriebe, Lager, Ventiltrieb, Kolben, mechanische Geräusche, Kupplung
Antworten
guest
Beiträge: 19394
meble kuchenne Ruda Śląska Rybnik Tychy
Registriert: Mo 8. Nov 2010, 22:58

Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von guest »

Hallo zusammen, (besonders an die, die schon einmal Lager getauscht haben...)

mal wieder ich mit meiner XT550 (43.000 km).
Das Getriebe wird erneuert und eine wenig gefahrene Kurbelwelle ist auf dem Postweg. (Die alte hatte
angefangen Spiel im oberen Pleulauge zu haben).
Habe den Motor nun zerlegt vor mir und sehe folgendes: Sämtliche Wellen können ohne großen Kraftaufwand aus den
Lagern gezogen werden. Soll heißen, daß ich bei allen 4 Wellen (KW, Ausgleichwelle und Getriebewellen)
den Innenring der Lager auf den Wellen drehen kann. Spiel ist aber nirgens vorhanden. (Außer etwas bei der KW, da
erhöhte Lagerluft). Die Lager sind also nicht mit einer Presspassung auf den Wellen. Nehme mal an, daß das normal so ist,
da man den Kram ja sonst schlecht auseinander bekommen könnte bzw. muss man ja eine "Lose-Lagerung" haben, wegen der
Temperaturausdehnung. Hätte aber vermutet, daß wenigstens eine Seite "fest" ist.
Trotzdem: Ist das normal so?
Möchte nun die Lager gleich mitwechseln. Obwohl keines sichtlich kaputt ist. Aber soll ja noch was fahren mit den neuen Teilen.
War bei SKF. Die haben alle Lager "auf Lager". KW-Lager mit C3, die anderen normale Lagerluft (C0), richtig?
Nun noch folgende Punkte:

1. linkes KW-Lager sitzt ja hinter dem Steuerkettenzahnrad. Wie hält dieses Zahnrad auf der Welle? Ist da ein "Nutenstein" drin?
Bekomm ich das mit einem kräfigen Abzieher runter und presse es mit Temperaturunterschied wieder auf? Oder sollte ich das in einer
Werkstatt machen lassen, da das nur mit einer hydraulischen Presse zu machen ist?

2. rechtes Ausgleichswellen-Lager ist ein Zylinderlager. Ist mir zu teuer... Das alte läuft noch gut. Hält das nicht sowieso länger
als ein "normales" Rillenkugellager?

3. das Lager am Ritzel (linker Getriebeausgang, Lager mit einer Dichtung) hat sich im Lagersitz im Motorgehäuse gedreht.
Nicht ausgeschlagen! Kein fühlbares Spiel! Fiel aber bei Demontage raus... Leichte Schleifspuren im äußeren Lagersitz.
Würde das neue Lager an dieser Stelle mit Loctite "Lager-Kleber" einkleben. Hält das? Oder ist davon abzuraten?
Das linke KW-Lager kam übrigens ebenfalls "einfach so" aus seinem Sitz im Motorgehäuse. Gehört das so?
Sollte ich das ebenfalls einkleben?
Sieht aber nicht so aus, als ob sich dieses gedreht hätte. Ebenfalls kein Spiel, oder sogar ausgeschlagen...

Vielleicht hat jemand Tipps oder Erfahrungen, wie ich am besten vorgehe bei diesen Lagern. Ausbau drüfte mit etwas Temperatur kein
Problem sein. Einbau ebenfalls auf Wärme bzw. Kälte gesetzt. Das ist klar. Auch kommen ein paar neue Simmerringe rein, wo ich schon
mal dabei bin... Alle Wellen kontrolliere ich, ob sie gerade sind, bzw. ob die KW auch fluchten tut... Sonst noch was wichtiges bevor ich
die tauschend Schrauben wieder zudrehe?

Gruß René

dernochniesowasgemachthataberSpaßdranhat

scm
Beiträge: 569
Registriert: Di 6. Jan 2004, 00:10

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von scm »

Hallo Rene!
Puh, das sind ja gleich mehrere Fragen auf einmal!
Also zunächst mal hat der Kolbenbolzen auch bei einem neuen Pleuel etwas Spiel im Pleuelauge. Solange die Kupferschicht noch intakt ist, kannst du eigentlich davon ausgehen, daß zumindest diese Stelle noch in Ordnung ist. Mit Öl sollte allerdings kein Spiel mehr fühlbar sein.
Daß die Lager Lossitz auf den beiden Getriebe- und der Ausgleichswelle haben ist ebenfalls gewollt. Mit der Kurbelwelle ist das bei den 550/600er XTs so'ne Sache. Eigentlich sollte das linke Hauptlager auf der Welle Festsitz haben und das rechte gerade noch von Hand montierbar sein. Im Lauf der Zeit werden aber oft beide Passungen etwas lockerer, rechts sieht man dann bei vielen Motoren auch Passungsrost.
Die Lagerluft hast du richtig ausgewählt, im Getriebe tut's C0 und über die richtige Luftgruppe der Hauptlager gibt's ja den Extra-Thread.
zu 1.: das Steuerkettenritzel ist aufgepresst/geschrumpft und zwar ohne Paßfeder oder sonst was. (Du kannst es also beliebig falsch montieren) Es sitzt sehr fest, läßt sich aber mit einem stabilen(!) Abzieher auch ohne Presse demontieren. Bei der Montage hilft anwärmen ganz erheblich, aber oft bleibt es "auf halbem Wege" Stecken. Dann muß eben wohldosierte Gewalt angewendet werden. Das Hauptlager dahinter sitzt übrigens bei weitem nicht so stramm.
zu 2.: das rechte Ausgleicherlager ist serienmäßig ein Rillenkugellager. Du kannst also das Zylinderrollenlager gegen ein solches austauschen, dann ist die Ausgleichswelle auch axial besser geführt.
zu 3.: ich würde besagte Lager beide einkleben, auf jeden Fall aber das Hauptlager. Bei der Montage gehst du am besten so vor: zuerst die jeweils linken Lager der Ausgleichs- und Getriebeeingangswelle in den angewärmten Block (Backofen) einsetzen, und erst bei abgekühltem Block die anderen beiden Lager einkleben (z.B. mit Loctite 648 oder 603). Das Hauptlager natürlich vorher mit Steuerkettenritzel auf die Kurbelwelle montieren. Rechts alle Lager in den angewärmten Block montieren.
Wenn du die Gehäusehälften auf 150° erhitzt, kannst du dir das Abkühlen der Lager eigentlich sparen (Kondenswasser).
Soviel für diesmal!
Gruß
Sven

guest
Beiträge: 19394
Registriert: Mo 8. Nov 2010, 22:58

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von guest »

Hallo Sven,
vielen Dank für die vielen Infos...
Zur KW: Die alte hatte etwas "Kippelspiel" jedoch ist hier die Laufschicht noch kupferfarben. Solange die noch da ist, kann man weiter fahren. (Hat zumindest Wunderlich gesagt und derjenige, der für Wunderlich die KW immer Instand gesetzt hat.) Die neue KW war ein Gag: Soll angeblich 20tkm gelaufen haben und für 4,60 EUR bei E-Bay dacht ich bau ich die besser ein, wo der Motor schon einmal auf ist. Aber gut zu wissen, daß ein klein wenig Spiel i.O. ist. Die neue dürfte die Tage kommen.
Hauptlager: Passungsrost: Ist das diese rostfarbene Schmiere, die einem tagelang an den Fingern klebt und sich auf der rechten Welle der KW befindet? Wie entsteht denn sowas?
Ritzel: Ich bau mir mal einen seeehr stabilen Abzieher. Und zum Aufpressen hab ich schon ein passendes Rohr, einen dicken Hammer und eine heiße Flamme. Bedenken habe ich nur, daß das nachher nicht exakt so ausgerichtet ist, wie es war. Der Körnerpunkt sollte ja möglichst "oben" sein. Und zu weit druchschieben darf ich es ja ebenfalls nicht. Verstehe sowieso nicht so ganz warum das überhaupt hält und nicht irgendwann durchdreht und das Chaos perfekt ist...
Ausgleichswelle: Vermutlich ist das rechte Lager erst ab 600 ccm ein Rillenkugellager. Denn meine XT550 war glaube ich noch nie offen und in den Fichen findet sich das:



24 93306-30525-00 BEARING (B6305)
25 93313-92513-00 BEARING, CYLINDRICAL

Vermute mal, daß das rechte Lager zu teuer war, und etwas überdimensioniert. Die Werte für die Tragzahlen, die man bei SKF findet sind beim Zylinderrollenlager doppelt so groß...
Wegen dem Lagereinkleben weiß ich ja jetzt bescheid... Bekommt man die Lager eigentlich irgendwann mal wieder raus? Bei Loctite steht 648 und 603 unter "benötigte Festigkeit: hoch"
Dann ist mir noch eingefallen, daß ich was am 5.Gangradpaar machen könnte. Sollte ich die Spritzdüse(n) aufbohren? Hab schon die größte Ölpumpe drin. Hat man das Gefühl der letzte Gang lebt länger mit dieser Maßnahme oder verminder ich nur unnötig den Öldruck?
Ach so: Die Motorgehäusehälften besser mit elastischem Dichmittel dünn (!) dichten oder was aushärtendes?
So, ich glaub dann hab ich alles was ich wissen muss. Ist ja vielleicht auch für andere interessant, die ähnliches vor haben.
Gruß René

scm
Beiträge: 569
Registriert: Di 6. Jan 2004, 00:10

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von scm »

[font size="1" color="#FF0000"]LETZTE BEARBEITUNG AM 21-Dez-2003 UM 17:47 Uhr (GMT)[/font][p]Hallo René,
ja, das mit der Kupferschicht ist natürlich keine sehr "technische" Aussage, aber im Allgemeinen doch ein brauchbarer Hinweis. Bei 4,60 für die eBay Welle kannst du eigentlich auch nicht viel verkehrt machen.
Genau, die braune Schmiere am Innenring vom rechten Hauptlager ist Passungsrost. Wie und warum er entsteht, weiß ich nicht.
Er kommt wohl nur bei bestimmten Spielpassungen und Relativbewegungen zwischen Welle und Nabe vor, und das auch dann, wenn genügend Öl vorhanden ist, um "normale" Korrosion zu verhindern. Nicht soo schlimm...
Beim Abziehen vom Steuerkettenritzel mußt du darauf achten, daß die Abziehherarme nicht "die Grätsche" machen. Einen Zweiarmabzieher kannst du dazu z.B. in einen hinreichend großen Schraubstock spannen. Wegen dem Ausrichten bei der Montage mach' dir mal nicht zu viele Gedanken, wenn du dir die entsprechende Stelle auf der Welle anzeichnest, ist es normalerweise kein Problem, das Ritzel in absolut ausreichender Genauigkeit montiert zu kriegen. Zu weit durchschiieben kannst du es nicht, es steht hinten an. Warum es sich übrigens im Betrieb nicht auf der Welle durchdreht, wird dir beim Abziehen schon klar werden...
Das mit dem Zylinderrollenlager war mir neu! Faszinierend...
Die eingeklebten Lager kriegt man schon wieder raus, aber es ist wirklich erstaunlich, wie gut der Kleber hält. Wenn du vor dem Auspressen das Gehäuse nicht richtig erhitzt um die Klebeverbindung zu zerstören, läufst du Gefahr, die Lagersitze zu ruinieren...
Ich würde für die Dichtfläche zwischen den Gehäusehälften dauerelastische Dichtungsmasse verwenden. Aushärtende geht auch, nur dauerplastische ist hier meiner Meinung nach weniger empfehlenswert. Wegen der Temperaturbeständigkeit brauchst du dir keine Sorgen machen, das kann jedes Baumarkt Badezimmersilikon noch ab.
Über die Getriebeschmierproblematik gibt es hier ganz ausführliche Artikel, am Besten, du liest dir die erstmal durch.
Eines noch: die Ansaugglocke für die Spülpumpe kann sich auf Dauer zusetzen, das solltest du dir vielleicht noch genauer anschauen.
Gruß
Sven

guest
Beiträge: 19394
Registriert: Mo 8. Nov 2010, 22:58

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von guest »

Hallo Sven,
prima soweit. Dann komm ich klar! Sind wirklich gute Infos...
Den Abzieher bastel ich mir die Tage mal. Hab in solchen Sachen bereits Erfahrung und dickes Material hier liegen. ;-)
Getiebe: Werde vielleicht die Düse für den 5.Gang etwas größer machen. Nur um ein gutes Gewissen zu haben...
Abschließend noch ein Bild von dem kleinem Ölsieb im Rahmenrohr meiner XT550:



Diese ganzen Überbleibsel von Dichtmasse, die offenbar der Vorbesitzer benutzt hatte werde ich bestimmt in ähnlicher Form im großen Sieb finden. Denke das ist kein Problem das aufzupröckeln, das Sieb zu reinigen und wieder zusammenzuschustern. Neu ist ja viel zu teuer...

Danke nochmal für die Tipps!

Gruß René

guest
Beiträge: 19394
Registriert: Mo 8. Nov 2010, 22:58

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von guest »

Hallo,

in der Tat, hilfreiche Hinweise für alle die gerade über dem offenen Motor stehen.

Noch ein Gedanke oder Frage zum Einkleben des linken KW-Lagers.
Wird diese Klebeverbindung nicht beim späteren Anziehen der 36ger Mutter auf der rechten KW-Seite wieder rausgezogen oder stark verspannt? Rechts wird das Lager doch axial voll gegen die KW-Wange angezogen.

Oder hab ich da einen Denkfehler?

Grüsse Markus



scm
Beiträge: 569
Registriert: Di 6. Jan 2004, 00:10

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von scm »

[font size="1" color="#FF0000"]LETZTE BEARBEITUNG AM 22-Dez-2003 UM 22:05 Uhr (GMT)[/font][p]Nein, sehr guter Einwand.
Aber bist du sicher, daß der Innenring
breiter ist als der 35er Absatz auf
der Welle?
Gruß
Sven

P.S.: Schick mir mal ein mail!

guest
Beiträge: 19394
Registriert: Mo 8. Nov 2010, 22:58

RE: Lager wechseln: einkleben?

Beitrag von guest »

Ist er!
Morgen zusammen...
Also: Ich hab da eben mal nachgemessen.
Der Absatz auf der rechten Seite der KW, dort, wo das rechte Lager sitzt,
ist...... ca. 20,3mm breit!
D.h. das rechte Lager wird am Innenring gegen die KW gepresst und kann sich somit nicht mehr auf der Welle bewegen. Die große 36´er Mutter, die diesen ganzen Zahnradkram samt Scheiben zusammenhält wird übrigens mit 110 Nm angezogen und hat ein Feingewinde...
Rechte Seite ist somit axial bombenfest.
Hab eben mal den ganzen Kram zusammengesteckt und mir dann die linke Seite angesehen. Bei mir ist es im Moment ja so, daß sich das linke Lager sowohl auf der Welle, wie auch im äußerem Sitz bewegen lässt. Das Lager hat dann dort ca. 0,1mm Spiel. Mehr nicht. Wenn also das linke Lager "fest" auf der Welle sitzt hat Markus recht und die Klebeverbindung wird belastet beim Anziehen der Mutter auf der rechten Seite. Nur denke ich, daß der Kleber "stärker" ist und sich das Lager auf der linken Seite auf der Welle "setzen" wird. Aufpassen muss man aber wohl hier, daß es das auch kann und nicht gegen das Zahnrad für die Steuerkette stößt. Momentan ist beim linken Lager ein axiales Spiel von 0,7mm. Hat also richtig Luft zur Seite. Im eingebauten Zustand ist auch noch richtig Platz zum Zahnrad. So ca. 0,5mm...
Somit ist das wohl auch geklärt...

Ein Bekannter hatte Bedenken das linke Lager zu wechseln, da durch die Presserei des Zahnrades sich dieses später vielleicht lösen könnte. Er meinte ich sollte das Lager an der "neuen" KW (ca. 20tkm) lieber drauf lassen, da dieses sowieso länger hält als das obere Pleulauge. Was meint ihr? Das Lager kostet übrigens knapp 14 EUR. Also nicht so wild... hat sich aber sowohl auf der Welle, wie auch in der äußeren Schale bewegt. Man sieht so einen glänzenden Ring auf dem äußeren Ring und es ging ja leicht raus...

Bin ja mal gespannt, wie diese Verhältnisse bei dem zweiten Motor (dem ich das Getriebe entleihe) sein werden...

Gruß
René

Antworten