Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Getriebe, Lager, Ventiltrieb, Kolben, mechanische Geräusche, Kupplung
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Henning34L
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Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von Henning34L »

Liebe XT Schrauberinen und Schrauber,

ich bin kein Forumsschreiber, der permanent seinen Senf zu irgendwas abgibt, deshalb bin ich hier nicht „berühmt“. Aber mich interessiert Technik, ich habe ein technisches Studium und speziell bin ich XT600-Fan und Schrauber.

Ich habe ein Getriebe der XTZ 660 3YF bekommen aus einem Schrottmotor und habe versucht es in ein XT 600-Gehäuse einzubauen. Ich lese immer, es geht nicht. Deshalb hat mich das gereizt. Hier schreibe ich etwas zur Evolution des Getriebes bei den XT 600 + 660 (3YF) Motoren und dem Versuch des Unmöglichen.

Die erste Frage, die man sich stellt, ist: Warum gehen die Getriebe kaputt? Was ist der technische Wirkmechanismus?
Das technische oder physikalische Prinzip ist, dass die Hertzsche Pressung zu hoch ist, vor allem, wenn auf dem Getriebe „herumgehakt“ wird = mit zu wenig Drehzahl gefahren wird. Dann erleidet das eh zu schwach dimensionierte Getriebe Spannungsspitzen, in der die Hertzsche Pressung zu hoch ist und das Material ermüdet und ausbricht = Pittings. Was kann man tun? Man kann die spezifische Hertzsche Pressung verringern, in dem man die Fläche vergrößert, d.h. die Breite der Zahnräder vergrößert und den Fahrer schulen, richtig mit dem Motorrad umzugehen. Außerdem spielt das Öl auch eine sehr wichtige Rolle, aber dazu hab ich schon mal was veröffentlicht. Der richtige Umgang mit dem Motorrad ist schon oft beschrieben worden, ich gehe nicht darauf ein.

Genau das hat Yamaha gemacht, es hat die Hertzscher Pressung verringert, indem die Breite der Getrieberäder vergrößert wurde, von 11 mm über 12,5 bis 14 mm in der XTZ 660.

Von der Physik zum XT Getriebe: Es gibt eine Evolution, vor allem den 5. Gang betreffend. Ich beziehe mich hier auf das Rad der Antriebswelle (wo der Kupplungskorb drauf ist), auf der gegenüberliegenden Welle ist es prinzipiell genauso:
1. Generation: Breite 11mm, eckiger Eingriff, vergriffen bei Yamaha
2. Generation: Breite 12,5 mm, runder Eingriff, gibt es noch, damit kann man die Getriebe wieder reparieren, auch die 1. Generation, wenn man entsprechend umbaut
3. Generation: Breite 13,5 mm, runder Eingriff. Das war eine Zwischengeneration der letzten XT 600 Modelle, auch vergriffen bei Yamaha
4. Generation: 14 mm breit, eingebaut bei XTZ 660 3YF, auch vergriffen bei Yamaha
5. Generation: XT660 ab 2004. Dies sind komplett neu konstruiertes Getriebe und nicht mehr vergleichbar mit Generation 1-4.

Fazit: Die Getriebe der ersten 4 Generationen sind ähnlich und immer weiterentwickelt worden, in Bezug auf den 5. Gang hauptsächlich immer breiter geworden. Aber die 4. Generation (= das Getriebe der XTZ 660) passt nicht ins Motorgehäuse der XT 600. Das ist richtig und so steht es überall (Foren, Spezialisten, etc.).

Aber wenn man etwas tiefer ins Getriebe abtaucht, findet man Interessantes. Ich habe mit heftigem Nachdenken und einigen Versuchen es geschafft die 14 mm Getrieberäder in das Gehäuse einer 34L einzubauen. Aber es ist mit viel mechanischer Bearbeitung verbunden und man braucht die richtigen Teile. Beides ist nicht so leicht zu realisieren.

Mir hat es viel Spaß gemacht, das herauszufinden und zu bauen. Im Moment ist das „Prototypen-Getriebe“ in einem 34L-Gehäuse verbaut, dreht, schaltet und blockiert nicht. Der nächste Schritt ist der Bau des Motors drum herum und dann im Frühjahr ist sowieso eine umfassende Tour geplant, da werde ich es ausprobieren und auch berichten.

So lange ich nicht weiß, ob das funktioniert, werde ich keine Details weiteren veröffentlichen. Aber wenn jemand allgemein ein kaputtes Getriebe hat, kann er sich gerne an mich wenden.

Was ist meine Hoffnung in Bezug auf den Umbau?
Es gibt viele Motoren, die stabile Getriebe haben. Ich kenne leider nicht die Breite der entsprechenden Gänge, noch das Material, den Härteprozess (Nitrieren oder Aufkohlen), noch deren Modul usw. Aber Yamaha ist genau den Weg gegangen die spezifische Hertzsche Pressung (die Hertzsche Pressung pro Flächeneinheit) zu reduzieren, in dem sie die Breite des 5. Gang-Rades erhöhten. Leider weiss ich nicht, wie lange die 660iger 3YF-Getriebe in der Regel halten, aber ich bin mir sicher, dass ich mit dem Verbau von 14 mm breiten 5. Gang-Rädern die Lebensdauer des 5. Ganges verlängere. Vielleicht wird die spezifische Hertzsche Pressung so weit reduziert, dass das 660iger Getriebe in der XT 600 das ewige Leben hat.

Fazit: Geht nicht, stimmt nicht immer!

Pittings nochmal gut erklärt:
https://addinol.de/produkte/industriesc ... /pittings/
oder
https://www.rewitec.com/blog/pitting-ri ... ausfaelle/

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XTsucher
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von XTsucher »

Da bin ich sehr gespannt auf deine Lauf- und Fahrversuche! Daumen!
Grüße, Frederik - der 1VJ fährt.
Original ist schön und gut - ich fahre lieber
50.523 km
Projekt 2024: FAHREN! FAHREN! FAHREN!

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nanno
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von nanno »

Klingt interessant - da ich es schlichtweg nicht weiß, ist das 660er Getriebe insgesamt breiter?

LG
Greg
Frei ist, wer frei denkt.

Blog: http://greasygreg.blogspot.com

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motorang
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von motorang »

Hab gelesen dass jedenfalls das 5.-Gang-Zahnrad breiter ist was ja zur Verschleißminderung Sinn macht ... Hat Henning34L ja auch oben geschrieben.

Gryße!
Andreas, der motorang

Straßenschrauber
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von Straßenschrauber »

Svoeen hat geschrieben:
Do 7. Feb 2019, 19:16
Passt leider nicht, denn das Getriebe der XTZ 660 ist noch mal breiter, von den Flanken her.
Im Kurbelgehäuse der 660er wurde deshalb extra eine Einsenkung ausgefräst, damit das ganze passt.
Ein Getrieberad dreht sich also fast im Kurbelgehäuse und nicht oben drauf, wie es ja normal ist.
So, sitzen die Getriebewellen tiefer im Kurbelgehäuse - das Getriebe der XTZ ist darüber hinaus noch speziell gehärtet.
Diese Einsenkung bei denn 660 er Motoren, haben die 600 Motoren nicht.
MiGa wollte auch ein 660 Getriebe bei mir einpflanzen,
Geht aber eben aus besagtem Grund nicht.

Jetzt arbeitet das Getriebe der TTR 600 in meiner 34 L, auch hier sind die Flanken, gegenüber der alten Getriebe der schmalen Motoren, fast 50 % breiter und damit deutlich langlebiger.

Gruß Ingo
~-o|-

Straßenschrauber
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von Straßenschrauber »

Motoritz hat neue Zahnräder in Auftrag gegeben, da läuft der Langzeit-Test noch. Die haben sich scheint's bewährt.
~-o|-

Henning34L
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von Henning34L »

Hallo beisammen,

was Ingo schreibt stimmt zu 100%.

Noch in paar Anmerkungen zum Zuverlässigkeitstest der originalen Yamaha-660iger Räder: Diese müssen keinen Haltbarkeitstest mehr machen, weil sie die höhere Belastung in der 660iger lange aushalten, allerdings wie lange im Schnitt die Getriebe der 660iger halten, weiß ich nicht. Die Frage ist, wie lange die 660iger 5.Gang-Räder in der 600erter halten, das ist mir unbekannt, und wird es bleiben, weil es keine neuen 660iger 5. Gang-Räder gibt.
Die Hypothese ist, dass, wie im Eingangs-Post beschrieben, die 660iger Räder (auch gute gebrauchte) deutlich länger (oder ewig) halten in der 600erter bei der geringeren Belastung im Vergleich zur 660iger.

Ich mache meine Testfahrt oder „Erprobung“ nur, damit ich weiß, ob es wirklich geht im Fahrbetrieb. Das weiss ich nach 200 km. Der Rest ist eine Urlaubs-Tour.

Bei den Rädern von Moritz, über die ich nichts weiss, ist das anders, weil die neu gefertigt sind. Da ist eine Erprobung, wie auch immer die aussieht, sinnvoll. Aber so wie ich Moritz kenne, sind die Räder gut.

Gruß Henning

tenere1972
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von tenere1972 »

Hallo die der XTZ 660iger bekommen genauso Pitting, bei meiner heult der Gang 3 ca 70000 Kilometer.Die letzte weiter Entwicklung zum Thema Getriebe TT600R Gruß T

Henning34L
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Re: Getriebe 660 in 600 Motor einbauen

Beitrag von Henning34L »

Hallo Tenere1972,

das ist nicht verwunderlich, weil der 3. Gang an der XTZ 660 identisch ist mit dem 3. Gang an der XT600. Yamaha hat nur den 5. Gang verbessert = breiter gemacht, weil das das Hauptproblem war.

Bei mir war an einer 55W auch der 3. Gang nach ca. 80.000 km zuerst kaputt, weil ich im Schwarzwald wohne und da sehr viel im 3. Gang fahre. Im 2. kurz aus der Ecke heraus, 3. voll ausdrehen, kurz der 4. rein, dann kommt schon die nächste Kurve und je nachdem schon wieder der 3. und ggf. der 2.
Du hast ganz einfach den höchsten Verschleiß auf dem Gang, auf dem Du das meiste fährst, oder den Motor untertourig fährst und der Motor auf dem Getriebe herumhakt.

Wenn Du weitere Fragen hast, schreibe eine PN Und wir können telefonieren.

Gruß Henning

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