Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Zündaussetzer, Seitenständerschalter, Lichtmaschine usw.
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mrnds
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meble kuchenne Ruda Śląska Rybnik Tychy
Registriert: Mi 7. Aug 2013, 20:54

Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von mrnds »

Hey,
ich habe mir kürzlich eine XT 600 3TB angeschafft und muss die nun erstmal zum Laufen bekommen.

Ich habe bereits die unzähligen Beiträge zu diesem Thema gelesen und muss sagen, dass ich trotzdem nicht viel weiter komme.
Ich bin zwar jemand, der viel Schraubt aber Elektrik ist (noch) nicht meine Welt.

Mit dem Multimeter habe ich bereits den Seitenständerschalter und den Killschalter am Lenker getestet. Außerdem habe ich das Zündschloss gereinigt und getestet. Die Zündspule und den Kerzenstecker hat ein bekannter für mich gemessen. Alles okay. Doch wie geht's nun weiter? Das einzige, was ich am Multimeter bis jetzt messen kann ist die Volt Zahl und die "Piep" Funktion auf Durchgang :D
Ne neue Gel Batterie habe ich heute eingebaut und wird grad geladen.
Wenn ich den Schlüssel auf on schalte, leuchtet die Neutral und Öl Lampe. Betätige ich den Killschalter rechts geht die Öl Leuchte aus, Neutral bleibt an. E-Starter funktioniert auf on, Kickstarter hat sie nicht.

Bitte habt Verständnis für meine Unwissenheit und verweist nicht stumpf auf andere Beiträge im Forum. Habe dort schon unendlich viel durchgelesen.

Vielen Dank Jungs! ;-)

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motorang
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Registriert: Mi 31. Dez 2003, 05:13

RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von motorang »

Hi,
was ist denn eigentlich das Problem? Starter dreht aber Mopped springt nicht an?

Man sollte am Motorrad nicht zu viel messen, sondern eher dem Augenschein vertrauen. Was gemessen OK erscheint geht bei den in der Realität auftretenden Strömen, Temperaturen, Vibrationen dann doch nicht.

Also los:

Die einfachsten Dinge sind als erstes dran: Ist die Zündung an, der Killschalter auf "Run", der Benzinhahn offen, (frischer) Sprit im Tank? Choke betätigt? Hat ein Witzbold den Kerzenstecker abgezogen?

Der Zündfunke ist der nächste Verdächtige
Also Bordwerkzeug auspacken, Zündkerze rausschrauben und nachdenklich betrachten.

Kerzenprüfung auf Sicht: Ist die Kerze trocken, feucht oder nass? Wenn sie trocken ist obwohl man schon einige Zeit zu starten versucht hat hat sollte man die Benzinversorgung checken. Feucht wird sie kaum sein, außer man hat nur wenig gekickt. Ist sie Nass, ist der Motor "abgesoffen", was zweierlei bedeuten kann:
1) die Kerze ist so nass dass kein Funke zustande kommt und/oder
2) Es ist so viel Sprit im Gemisch, dass der Benzinanteil im Gemisch viel zu hoch ist.

Das merken wir uns mal, und suchen ein schattiges/dunkles Plätzchen auf. Dort stecken wir die Kerze in den Kerzenstecker, legen die Kerze mit dem Kerzengewinde an die Kühlrippen (gut geht dafür ein Gepäckspanner) und betätigen wieder den Startknopf (also Zündung an etc).

- Wenn der Funke kräftig und bläulich an der Elektrode überspringt ist erstmal alles paletti und man kümmert sich um das benzinseitige Problem (siehe weiter unten).

- Wenn nicht: Kerze saubermachen und nochmal probieren. Nasse und/oder verrußte Kerzen kann man mit einem kleinen Gasbrenner sauber bekommen. Auch eine Kontaktfeile hilft, notfalls geht die kleine Nagelfeile am Schweizermesser.

Der Elektrodenabstand ist auf der Packung angegeben die man meist nicht mithat - liegt so um 0,7 - 0,9 mm normalerweise. Kann man nachbiegen wenns nicht passt.

Ruß und andere Beläge auf der Mittelelektrode können leitend sein so dass der Zündstrom außenrum abfließt anstatt überzuspringen - man kann die Mittelelektrode mit einer kleinen Stahldrahtbürste sauber machen - oder man probiert die stets mitzuführende Ersatzkerze aus. Die ist übrigens am Besten nicht neu, sondern schon mal gut gelaufen und damit zuverlässig in Ordnung (merke: es gibt auch neue kaputte Kerzen). Zum schadlosen Transport gibt es im Fachhandel kleine Kunststoffboxen.
Manchmal tritt ein Kerzendefekt auch erst auf, wenn man die Kerze einschraubt oder wenn sie heiß wird - hier ist die Gegenprüfung mit der guten Ersatzkerze das Mittel der Wahl!

NIE eine kalte Kerze in einem heißen Zylinderkopf anziehen!!
Sondern locker einschrauben und ein paar Minuten warten bis sich die Temperaturen angeglichen haben, dann erst anziehen (nicht anknallen!).

Wenn der Funke OK ist und die Maschine auch mit der Ersatzkerze nicht anspringt, suchen wir im Kraftstoffsystem weiter.

Wenn der Funke mau ist (weiß oder sogar gelb/orange und kaum hörbar), kann man der Elektrik weiter zuleibe rücken.

Kerzenstecker als Verdächtigen ausschließen. Der ist aufs Zündkabel aufgeschraubt. Also nimmt man ihn mal ab, platziert das Ende 6-8 mm von der nächsten Kühlrippe entfernt und startet - dazu sollte man einen Handschuh anhaben beim Kabel halten. Diese Funkenstrecke überbrückt eine gute Zündanlage noch ohne Weiteres. Wenn da nix springt, näher drangehen und schauen wanns denn funkt. Funkt es irgendwann, kann man mit einer neuen Kerze, etwas verringertem Elektrodenabstand und Glück noch heimkommen und dort weitermachen (Lichtmaschine, Zündspule, Kabelbaum, Schalter ...).

Die andere Seite des Zündkabel ist übrigens im Gehäuse vergossen. Da kann man unterwegs wenig tun.

Kriegt man trotz Handschuhen eine gewischt, dann ist das Zündkabel der Schuldige. Es ist rissig, und der Funke entweicht vor der Kerze. Hier kann es helfen, das Kabel sauber abzuwischen und mit Kriechöl (z.B. WD-40) zu tränken - das stellt die nötige Isolierung wieder für eine Zeit lang her. Möglicherweise war auch noch etwas Salz auf dem Kabel, vom letzten Winter oder dem letzten Urlaub, so dass da sogar eine leitfähige Schicht drauf war - vor dem Putzen.

Springt der Funke kräftig vom Kabel auf den Motor, liegt das Problem wahrscheinlich am Kerzenstecker: Es kann der Entstörwiderstand im Zündkerzenstecker sein, oder ein schlechter Anschluss. Wenn das Kabel noch lang genug ist, schneidet mans ein Stück ab (Fingerbreit), tut etwas Kontaktspray in den Kerzenstecker (vorher putzen = Oxidbeläge entfernen wäre noch besser) und schraubt/steckt das Kabel wieder drauf. Detto geht man beim Entstörwiderstand vor - entstörte Stecker haben einen Ohm-Wert aufgedruckt (5000 Ohm = 5 Kiloohm ist Standard glaub ich) und man verwendet sie nur mit NICHT entstörten Kerzen (ohne "R" im Kerzencode bei den NGKs). Da kann man meist von der Kerzenseite her mit einem Flachschraubendreher eine Schraube aufmachen unter der sich der Entstörwiderstand befindet - eingelegt wie bei einer Sicherung. Kann man rausnehmen, Beläge entfernen, kriechölen, einbauen und gut.

Kabelbaum, Anschlüsse: Immer noch kein ordentlicher Funke?
Tank, Seitendeckel und Sitzbak abnehmen, und Kabel an Zündspule und CDI überprüfen (alles fest?), reinigen, kriechölen. Ebenso die Kabel prüfen wo es geht - zwischen Lima und CDI oder zwischen CDI und Zündspule kann es eine Scheuerstelle oder einen Knick zwischen Kabelbaum und Rahmen geben. Seitenständerschalter abstecken und den motorseitigen Stecker mit einem Stück Draht kurzschließen.

Damit hat man mal gemacht was elektrisch leicht geht.


Fehler im Kraftstoffsystem.

Grundsätzlich bei unbekannten Motoren erstmal mit Choke starten, so 10 Sekunden orgeln lassen. Dann Choke wieder deaktivieren und ohne Choke nochmal versuchen, eventuell mit LEICHT geöffnetem Gas (gerade so dass sich am vergaser was bewegt hat).
Dadurch versorgt man den vergaser zuerst mit sehr fettem Gemisch, um dann mit magerem gemisch weiterzustarten, Irgendwo im Übergang wird das Gemisch wahrscheinlich passen so dass der Motor anspringt.

Wenn das Problem nach dem Tanken oder nach langer Standzeit auftritt: Eventuell Diesel getankt ? Oder sehr alter Sprit drin? -> Vergaser ablassen, Tank ablassen (für den Rasenmäher tuts noch, oder beim Benzinauto beimischen, portionsweise ...), spülen und frisch befüllen, Vergaser mit sauberem frischem Sprit versorgen.

Wenn das alles OK ist, erinnere man sich nochmal an die Zündkerze von vorhin:
Die Kerze lieferte schon den entscheidenden Hinweis - zu viel oder zu wenig Sprit?

Zu viel Sprit (Kerze nass): Falsch gestartet, beispielsweise zu lange mit Choke, oder Schwimmerventil defekt (undicht, Fremdkörper hält es offen), oder Luftfilter verdreckt oder verlegt (Putzlumpen).

Zu wenig Sprit (Kerze trocken): Schwimmerventil öffnet nicht, Benzinfilter zu, Benzinschlauch geknickt, Benzinhahn oder Sieb im Tank verlegt (Rost, Dreck), Wasser im Vergaser, Falschluft am Ansaugstutzen, Luftfilter fehlt bzw. hat sich zerlegt, Entlüftung im Tankdeckel verlegt, zu wenig Sprit im Tank ...

Die Benzinhahn- und Filtersache lässt sich testen indem man den Schlauch vom Vergaser abzieht und den Benzinhahn auf ON dreht. Dann muss reichlich Benzin fließen. Wenn nicht, dann hilft unterwegs meist in den Schlauch zu blasen, damit wird der Dreck nach hinten rausgedrückt. Dabei Tank öffnen, sonst pumpt einem der Gegendruck den Mund voll Benzin (mit VIEL Wasser spülen in so einem Fall, ebenso bei Augenkontakt, sonst drohen Gewebeschäden bis zur Hornhautablösung!!) Schlauch wieder dranstecken, und Schwimmerkammer-Ablassschraube öffnen. Auch hier muss reichlich Sprit aus dem Überlauf kommen.
Nach dieser Spülerei sollten eventuelle Fremdkörper aus dem Schwimmerventil gespült worden sein, und reichlich frischer Sprit in der Schwimmerkammer sein für einen neuerlichen Versuch. Die Zündkerze hat man vorher schon trockengelegt und ein paarmal bei rausgeschraubter Kerze gekickt um den Brennraum zu lüften ...

Das Schwimmerventil kann freikommen, wenn man mit einem Werkzeug (Hammerstiel geht gut, oder zusammengeklappter Leatherman) gegen die Schwimmerkammer klopft. Überprüfung durch Öffnen der Schwimmerkammer-Ablassschraube (am tiefsten Punkt des Vergasers) -> Sprit muss fließen, und nach Schließen der Ablassschraube wieder aufhören.

Wasser im Vergaser (und somit auch Tank): Nach Ablassen der Schwimmerkammer geht wieder alles, das Problem tritt aber später wieder auf, vor allem an kühlen Tagen (Kondensation). Abhilfe: etwa 5% oder 1/20 Spiritus dem Benzin zusetzen. Etwa ein Viertelliter auf 1 Tankfüllung ist das. Dann Schwimmerkammer ablassen, auf PRI etwas Sprit durch den Vergaser lassen, zumachen, starten. Der Spiritus löst die Wassertropfen auf und macht sie düsengängig.

Wenns dann noch immer nicht geht und kein Fehler gefunden wurde würde ich zu einer Dose Startpilot greifen, den Luftfilter entfernen, und mal kräftig dort hinsprühen wo der Luftfilter war, und starten. Dann müsste es irgendwann ein paarmal zünden wenn die Zündung in Ordnung ist. Das könnte schon reichen um irgendwelchen Dreck aus Düsen und Kanälen des Vergasers zu ziehen.

Ansonsten hilft nur Vergaser zerlegen und reinigen - es könnte ein Fremdkörper in einer Düse, einer Bohrung, oder im Schwimmerventil sein. Dazu Tank abbauen (geht am einfachsten dann), Schwimmerkammer ablassen, Vergaserzüge aushängen, Klemmschellen am Vergaser lösen und den Vergaser abnehmen.

Fürs Schwimmerventil ausbauen muss übrigens der Schwimmer raus. Den richtigen Schwimmerstand sollte man beim Zusammenbau auch gleich checken, und sich die Größen aller verbauten Düsen notieren ...

DAS sind aber eigentlich schon alles Werkstattarbeiten. Pressluft ist dafür vorteilhaft, und ein sauberer Arbeitsplatz mit dem richtigen Werzeug, und etwas Ahnung und das Handbuch - einem Neuling würde ich eher nicht raten den Vergaser das erste Mal am Straßenrand zu zerlegen ...

Gryße!
Andreas, der motorang
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mrnds
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von mrnds »

Wahnsinn!!! Das ist mal ein Text der viel Aufschluss gibt!!! Danke!
Im Eifer des Gefechts habe ich ganz vergessen zu schreiben, dass es tatsächlich keinen Zündfunken gibt. Mein Motorrad-Mechaniker hat heute nun doch alles mögliche durchgemessen und konnte nur eine merkwürdige Sache feststellen:
An der Zündspule scheint 2 mal + anzukommen.
Lima und Pickup scheinen zu funktionieren. Ne Zündspule zum Testen hatten wir leider nicht, aber laut Messung sollte die auch i.O. sein. Ebenso der Kerzenstecker. Zündkerze wurde vorhin gegen eine neue ausgetauscht.

Wir brauchen nun einen Schaltplan der XT 600 3TB, allerdings von der US-Version!!! Der Tacho zeigt Meilen und klein km/h an. Die Blinker haben 3 Kabel fürs glimmen bei normaler fahrt.

Vielen Dank nochmal Andreas, diesen Text werde ich mir mal rauskopieren und abspeichern!!!! Kann man immer wieder gebrauchen!!!

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Henner
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von Henner »

Der Schaltplan der US-Version wird sich nicht von der Deutschen Version im Zündbereich nicht unterscheiden.
Diesen findest Du auf www.xt600.de in der Werkstatt.
Grüße, Henner

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mrnds
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von mrnds »

Wir haben vorhin mit Hilfe des Schaltplanes wieder gemessen.
Wir vermuten, dass es nun doch tatsächlich an der Zündspule liegt.
Hat jemand noch eine Spule für die XT 600E 3TB über?
Es handelt sich dabei um eine Spule mit 2 Steckanschlüssen.
Wäre cool, wenn mir jemand eine zusenden könnte und evtl. auch zurücknehmen würde, falls dies widererwartend nicht klappen sollte.

mrnds
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von mrnds »

Ich kann von nem bekannten die Spule einer 3UW zum testen bekommen. Kann da aufgrund unterschiedlicher Widerstände was in Ar*** gehen?

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Henner
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von Henner »

Nein, die passt.

Ansonsten mal beim Motoritz (Forumssuche) anrufen, der kann da auch weiterhelfen.
Grüße, Henner

Admin XT600.de und XT-FOREN.DE

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Emsracer
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von Emsracer »

Moin,

ich klink mich mal kurz ein...

Hatte auch keinen Zündfunken..hab aufgrund dieses Threads den
Seitenständerschalter gebrückt und siehe da, da isser wieder, läuft
wieder super! Danke dafür!

Mir war nun noch aufgefallen, dass der Spannungsregler (unter der Sitzbank ans Kunsstoff geschraubt) sehr heiß wird!!

Ist das normal oder kommt das von der Brücke?

Gruß Jan

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motorang
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RE: Kein Zündfunke :-/ für Dummies

Beitrag von motorang »

Das ist normal, deswegen hat er Kühlrippen. Die Brückung hat damit sicher nichts zu tun, weil wenn der Seitenständer oben ist brückt der Schalter ja die Leitungen genauso.

Gryße!
Andreas, der motorang
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