Seite 1 von 3

Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Di 18. Feb 2025, 19:26
von flom
Liebe Forenmitglieder,

ich stelle mich erstmal kurz vor, da ich neu hier bin :)

Mein Name ist Florian, ich lebe im Südwesten Deutschlands, bin 36 Jahre und schon länger auf diversen motorisierten Zweirädern unterwegs. Nachdem ich über Youtube erst auf Motoritz gestoßen war und danach tief in den XT600 Kaninchenbau abgestiegen bin, hatte ich mich auf die Suche nach einer XT600 in meiner Nähe gemacht. Ich fand vor einer Woche eine 3tb Baujahr 1991 mit großem Acerbis Tank. Sie gewinnt auf keinen Fall einen Schönheitswettbewerb, wurde vom ersten Besitzer (angeblich) einmal fast um die Welt gefahren und vom zweiten Besitzer (dem ich sie abgekauft hab) mehr oder weniger durch die rheinland-pfälzische Pampa geprügelt.

Sie sprang vor Ort nach dem dritten Kick an, lief mit dem Choke komplett draußen ordentlich. Kurze Testfahrt gemacht, alles in Ordnung. Geld gegen Moped getauscht und das gute Stück mit dem Versprechen im Kopf, sie wieder in einen insgesamt ordentlichen und ansehnlichen Zustand zu bringen, heim gebracht. Die Fahrt nach Hause verlief ohne besondere Auffälligkeiten. Hat alles funktioniert. Seitdem ist das leider anders.

Bekomme ich die Maschine tatsächlich mal angekickt, weiß ich nie, ob sie auch weiterläuft oder gleich einfach wieder ausgeht. Bisher sieht mein Startprozedere so aus:
- Choke komplett raus
- Zündung an
- Killswitch auf aus
- Tank Ventil offen
- Kicken

Wenn es richtig gut läuft, reichen zwei, drei Kicks und sie läuft. Der Standard ist allerdings mehr 10+X Kicks... Zeigt sich, dass es so viel braucht, schließe ich das Tankventil - war ein Tipp eines Bekannten, um sie nicht beim Ankicken schon zum Absaufen zu bringen. Falls das Unsinn ist, bin ich für weitere Tipps an der Stelle bereits sehr dankbar.

Läuft sie, warte ich etwa 5 Minuten und schiebe dann den Choke ein Stückchen rein. Warte wieder etwa 5 Minuten und wenns gut läuft, kann ich den Choke dann komplett reindrücken. Er verschwindet allerdings nicht vollständig, das ist richtig so?
Läuft es dann richtig gut, läuft die Maschine einfach. In den allermeisten Fällen geht sie aber dazwischen aus. Von jetzt auf gleich. Unabhängig vom Choke. Manchmal dreht sie auch plötzlich extrem hoch, dann braucht es ein paar Gasstöße, um die Drehzahl wieder runterzubringen. Mache ich gar nichts, dauert es sehr lange, bis die Drehzahl von alleine wieder runtergeht. Im Gegensatz dazu passiert es genau so zufällig, dass die Drehzahl plötzlich in den Keller rauscht, der Motor stottert und ausgeht. In beiden Fällen ist es danach unglaublich schwierig, die Maschine wieder zu starten. Kicke mich in den Wahnsinn...

Mittlerweile traue ich mich gar nicht mehr, die Maschine auf einer längeren Strecke zu fahren, aus Furcht irgendwo zu stranden. Denn auch nach 30/40 Minuten Fahrt, in denen alles okay wirkte, ging sie beim Warten an Ampeln oder Kreuzungen von jetzt auf gleich wieder aus. Und dann wieder Kicken, Kicken, Kicken. Während der Fahrt war auch hin und wieder ein leichtes, stetiges Rucken spürbar zwischen 40 und 60 km/h.

Ich habe mich bereits mit minimalen Änderungen an der Schraube fürs Standgas am Vergaser bei warmem Zustand versucht - das hat insgesamt nur wenig gebraucht. Sie geht immer noch zu zufälligen Zeitpunkten aus. Ein kompletter Ölwechsel inklusive Filter ist gemacht und die Zündkerze hab ich auch erneuert - obwohl die alte, die drin war, noch gut aussah (nah am berühmten Rehbraun). Gerade lädt noch die Batterie, die war nicht mehr so ganz fit, laut Gerät insgesamt aber in Ordnung.

Ich lese hier seit Tagen sehr viele Threads durch und habe das Gefühl, ich werde nicht drum rum kommen, den Vergaser komplett auszubauen und seine Einzelteile zu reinigen etc pp. Oder seht hier jmd noch eine andere Möglichkeit?

Dazu noch zwei Fragen:
- Womit reinigen, wenn kein Ultraschallbad vorhanden ist?
- Die Schraube fürs Standgas und die fürs Luftgemisch im Fahrbetrieb haben ja eine "Standardeinstellung" anhand einer festen Zahl an Umdrehungen. Was ist der Ausgangspunkt dafür? Also, wo/wie muss die Schraube stehen, bevor ich die Umdrehungen zähle?

Ihr merkt ja schon an der mangelhaften Fachsprache, dass ich ein blutiger Anfänger bin. Ich lerne aber gerne und bin für jede Hilfe dankbar. Im größten Notfall gibts einen gelernten Schrauber in der Familie. Aber Teil dieses Projekts sollte auch sein, mein eigenes Können und Wissen zu verbessern. Aber ich muss zugeben, ich bin bereits am Ende meines Lateins.

Entschuldigt den langen Text. Wollte nur so gut es geht alles beschreiben. Bin für jede Hilfe dankbar :)

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Di 18. Feb 2025, 19:35
von lowrider82
Wenn du den Vergaser rausnimmst, verbau gleich neue Ansaugstutzen von Topham.

Die Umdrehungen der Einstellschrauben gehen immer von komplett drin aus. Also nach links wird gezählt.

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Di 18. Feb 2025, 19:49
von flom
lowrider82 hat geschrieben:
Di 18. Feb 2025, 19:35
Wenn du den Vergaser rausnimmst, verbau gleich neue Ansaugstutzen von Topham.

Die Umdrehungen der Einstellschrauben gehen immer von komplett drin aus. Also nach links wird gezählt.
Vielen Dank für die schnelle Antwort! :)

Ansaugstutzen kommen auf die Einkaufsliste.

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 00:39
von christian78
Das klingt nach Falschluft. Hochdrehen ist immer Luft zwischen Drosselklappe und Motor.
Mache die Ansaugstutzen neu und kontrolliere die hinteren Vergaserschläuche, die Lufibox und den Lufi auf Dichtheit/Beschädigung.
Defekte Ansaugstutzen erkennst du im eingebautem Zustand nicht und der Bremsenreinigertest funktioniert nicht. Eher noch, wenn du am Vergaser rumdrückst und dabei die Drehzahl beobachtest.
Es löst sich der Gummi vom Aluflansch dierekt am Kopf wobei der Ansaugstutzen auf den ersten Blick intakt aussieht und auf den zweiten auch.


Bevor du an den Vergaser gehst eine Frage:
Ist der Tank rostfrei? Wenn nein, musst du hier beginnen.

Dann würde ich den Durchlauf prüfen:
Ablauf auf, Benzinhahn auf => läuft es schön raus, oder tröpfelt es?
Schwimmerstand kannst du mit einem durchsichtigen Schlauch prüfen - unten an den Ablauf stöpseln und nach oben halten und Hahn aufmachen.


Vom Ultraschallbad rate ich ab. Manchmal drückt man Verunreinigungen in nicht einsahbare Kanäle rein und du wunderst dich, warum das Mistding einfach nicht gescheit laufen will.
Das ist so ein tolles Wort "Ultraschallbad", das wars aber auch. So wie Pulverbeschichtet - als sei das das Non Plus ultra gegen Rost - ist es aber nicht.
Ich mache das alles mit Geduld händisch sauber.


LG
Chris

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 07:15
von stefan_xt
Hab im November auch eine veranzte, aber originale 3uw mit 100.000km gekauft, allerdings eine E, eigentlich für Ersatzteile. Stand über 10 Jahre.
Vergaser ausgebaut, beide Ansaugstutzen hatten sich vom Flansch gelöst. Vergaser, erstmal weggelegt, da eine Schwimmerachshalterung abgebrochen.
Aus einem Konvolut einen originalen,verdreckten 2kf Vergaser genommen. Die Vergaser zerlege ich komplett, das air cut wird bei Bedarf erneuert, wenn gängig und Membran ok, bleibt es. Die Vergaser Teile (natürlich nicht die Gummiteile) habe ich in einem Topf heißem Wasser mit Spülmaschinenreiniger gelegt, anschließend mit Bremsreiniger ausgespült und wieder zusammengesetzt. Die Sekundärmembran wenn riss- und lochfrei mit Silikonöl benetzen in ein Glas und ein paar Tage stehen lassen. Schwimmerstand ist wichtig für den lau warm und heiß Start, steht hier im Forum, wie man das macht. Tupfhebelspiel ist meistens ok, wichtig ist, dass die Drosselklappe bei Vollgasprimär waagerecht steht.
Einbauen, Ventilspiel überprüfen/einstellen, Krümmer sollte dicht sein und es wird, wenn Zündung i.O., gut anspringen.
Wenn Du in der Nähe von Koblenz wohnst, kann ich Dir gerne helfen.

Gruß
Stefan

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 08:49
von Rennleiter
flom hat geschrieben:
Di 18. Feb 2025, 19:26
...
Läuft sie, warte ich etwa 5 Minuten und schiebe dann den Choke ein Stückchen rein. Warte wieder etwa 5 Minuten und wenns gut läuft, kann ich den Choke dann komplett reindrücken. Er verschwindet allerdings nicht vollständig, das ist richtig so?
...
Nein, das ist nicht richtig so.
Der Choke-Knopf muss komplett in seine Ausgangsstellung zurückzuschieben sein. Also, bis zum Anschlag.
Möglicherweise ist dort die Mechanik ausgeschlagen. Dann würde das Gemisch immer wieder überfetten.

Eine XT 600 Kicker mit exakt eingestellter Dekompression sollte (so ist es zumindest bei meinem Exemplar) auch nach etlichen Wochen oder auch Monaten der Nichtnutzung mit Choke-Betätigung auf den ersten oder zweiten Kick anspringen.

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 11:32
von Straßenschrauber
lowrider82 hat geschrieben:
Di 18. Feb 2025, 19:35
Wenn du den Vergaser rausnimmst, verbau gleich neue Ansaugstutzen von Topham.
Neue Ansaugstutzen sind nicht verkehrt, die machen oft Probleme.
Und Mikuni-Topham ist natürlich immer eine gute Adresse, aber sie haben keine Ansaugstutzen für die Teikei-Vergaser der XT600 (Auskunft Topham heute morgen).
Die von TourMax werden gerne genommen. Leider gab es damit auch schonmal Probleme.

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 15:10
von XTsucher
Ich beschreibe mal meine Startphase:
- Mopped aus Garage schieben
- Klamotten an, Helm auf, Handschuhe an
- Benzinhahn auf
- Choke raus
- OT suchen, da Umbau auf Hand-Deko
- 1-2x kicken, läuft
- aufsitzen
- losfahren
- nach ca. 500m Coke rein
- fahren bis der Arzt kommt

Wenn sie heiß gefahren ist, dann alles gleich, nur ohne Choke. :D

Tipp:
- Bring' den Vergaser zum Profi, nur ins Ultraschallbad werfen reicht nicht, da braucht man die richtigen Wässerchen und ein US-Gerät mit richtig Power
- Schieber/Membrane des Sekundärvergaser auf jeden Fall neu machen
- Benzinstand richtig einstellen
- Die beiden Vergaser neu synchronisieren
- Choke prüfen

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 17:23
von flom
Erstmal ganz herzlichen Dank für die vielen Antworten in so kurzer Zeit :)

Kurz zur Tank-Frage: der Acerbistank ist aus diesem "wunderschönen" Plastik. Rost dürfte da kein Problem sein. Die Leitungen sind durchsichtig, da fließt auch alles fein durch.

Ich hab mich heute mal dem Vergaser gewidmet und schon vor dem Ausbau einen Übeltäter identifizieren können. Eines der Verbindungsstücke aus Gummi vom Luftfilterkasten zum Vergaser saß nicht ordentlich dicht drauf, Schelle war dementsprechend auch nicht ordentlich angezogen.
Den Vergaser hab ich dann ausgebaut (was eine Fummelei...).
Was mir dabei direkt aufgefallen ist: die Ansaugstutzen müssen noch sehr neu sein. Zwei von wenigen Teilen, die nicht im Ansatz verdreckt sind. Auch die Schrauben sind neu. Insgesamt sieht das Material sehr gut aus und die sitzen jetzt auch mit den Schellen ordentlich befestigt, richtig spack.

Die beiden Vergaser habe ich soweit mir möglich (Youtube und Anleitungen hier) auseinander genommen und Dichtungen sowie die Membrane überprüft. Auch hier wieder die Auffälligkeit, dass die Membrane wie geleckt aussieht, die dazugehörige Feder auch sowie die Schrauben des Deckels (der ist sauberer als der Rest). Gleiches gilt für die Dichtung der Schwimmerkammer (die innen auch sauber). Es wurde offenbar am Vergaser vor nicht allzu langer Zeit was gemacht, aber ganz offensichtlich nicht alles.
Denn mein vermuteter Übeltäter Nummer 2 ist die Leerlaufgemischregulierschraube. Als ich die rausdrehte bröselte mir die Dichtung entgegen. Bei Kedo Schraube, Feder und Dichtung eben neu bestellt.

Ich hatte aber noch in der Werkstatt einen passenden O-Ring rumfliegen und hab damit alles nochmal zusammengebaut, den Vergaser wieder eingesetzt, alles ordentlich dicht gemacht an den Stutzen (siehe oben) und dann getestet. Die Kickproblematik besteht immer noch. ABER danach lief sie. Im Kaltstart immer noch bissl zickig, aber nach einer kurzen Aufwärmphase konnte ich ohne gezogenen Choke und mit neu eingestellter Standgasschraube 45 min ohne Ruckeln oder ständiges Gepatsche problemlos fahren. Sie überdrehte nicht plötzlich, rauschte in der Drehzahl nicht einfach ab. Und an Ampeln und Kreuzungen musste ich nicht ständig am Hahn ziehen. Auch schnelle Gasstöße ließen sie nicht ausgehen. Das konstante Ruckeln zwischen 40 und 60 km/h war auch weg.
Das stimmt mich schon mal etwas positiver. Bin gespannt, was sich tut, wenn die neue Leerlaufgemischregulierschraube drin ist.

Nichtsdestotrotz werd ich mich bei mir in der Nähe mal nach jmd umschauen, der den Vergaser fachgerecht auseinander nehmen, reinigen und wieder zusammensetzen kann.

Morgen geh ich noch an die Ventile ran und überprüfe die Einstellung. Dank Anleitungen und Youtube-Tutorials trau ich mir das noch zu. Werde morgen Abend hoffentlich berichten können, wie es geklappt hat.

Danke nochmal für die Tipps!

Und @stefan_xt: danke für das freundliche Angebot :) Koblenz liegt so 200 km von mir entfernt. Ich behalte es im Hinterkopf als Option ;)

Re: Verzweifle an meiner XT600 3tb K

Verfasst: Mi 19. Feb 2025, 21:18
von christian78
Nichtsdestotrotz werd ich mich bei mir in der Nähe mal nach jmd umschauen, der den Vergaser fachgerecht auseinander nehmen, reinigen und wieder zusammensetzen kann.
Du hast jemanden in der Nähe, quasi gleich ums Eck.
Guck mal in Spiegel :mrgreen:

https://www.xt600.de/xt_werkstatt/_spec ... rgaser.htm


Das mit dem Kicken... ich sag nix :lol:
Versuchs mal so:
Vor dem Abstellen Hahn zumachen und Schwimmerkammer leer fahren. Oder du lässt die Schwimmerkammer vor dem Start ab und schüttest das oben wieder in den Tank rein.
Das ist bei meinem Exemplar, entweder kicken, bis ich durchgeschwitzt bin. Oder mit der Methode zwei Mal kicken.

Du kannst bei der 3tb übrigens den Luftfilterkasten ca 2cm nach hinten schieben, das erleichtert den vergaserein und ausbau.